HISTORIE

Altstadtmarkt Langen seit April 2000 – Ein Bericht von Harald Sapper

Langens Märkte haben eine lange Tradition: Bereits im Jahre 1812 (und somit 71 Jahre vor der Verleihung der Stadtrechte) erlaubte Großherzog Ludwig I. der Gemeinde, zwei Märkte jährlich abzuhalten. Im Frühjahr und im Herbst boten Krämer und Viehhändler auf dem Kirch- und auf dem Lutherplatz ihre Produkte und Tiere an. Diese Tradition ging nach dem Zweiten Weltkrieg verloren, und erst im Jahr 1975 feierte der Wochenmarkt seine Wiederauferstehung. Seither können sich Kunden dienstags und freitags von 8 bis 13 Uhr auf dem Jahnplatz unter anderem mit frischem Obst, Gemüse, Fleisch und Geflügel von Händlern aus der Region, die nicht mit Tipps für die Zubereitung hinterm Berg halten, sowie mit Blumen oder Kleidungsstücken eindecken.

Der Altstadtmarkt hingegen lädt samstags von 8 bis 14 Uhr rund um den Vierröhrenbrunnen zum Bummeln, Einkaufen und – ganz wichtig für das gesellige Langener Völkchen – Plaudern beim Wein, Bier oder Ebbelwoi ein. Aus der Taufe gehoben wurde er im April 2000 durch Günter Dietzig, der sich als Gründer der „Initiative Fahrgasse“ eine Belebung des historischen Kerns der Sterzbachstadt zum Ziel gesetzt hatte. Das hat (nach einigen Anlaufschwierigkeiten) wie gewünscht geklappt, denn für viele Langener ist der Gang zum Altstadtmarkt längst ein fester Bestandteil ihrer samstäglichen Routine. Im Schatten der Stadtkirche erhalten sie unter anderem schmackhaftes Obst und Gemüse, Käse, Fleisch, Leckereien vom Grill, Brot und sonstige Backwaren – und nunmehr auch Suppen sowie hessische Gerichte am Stand von Denis Stubenvoll. Bei ihm handelt es sich nach Angaben des Hessischen Landesverbands für Markthandel, der mit der Durchführung des Altstadtmarktes betraut ist, um den insgesamt 13. Beschicker vor Ort – und damit ist die Kapazität des Areals dem Vernehmen nach erschöpft. Text von Harald Sapper.

Hier die Marktordnung aus dem Jahre 1889.

Bekanntmachung
Auf Grund des Artikels 78 der Kreis- und Provinzverordnung vom 12. Juni 1874 und des Artikels 83 der Landgemeindeverordnung, sowie des § 69 und 149 Absatz 6 der deutschen Gewerbeordnung wird mit Genehmigung Großh. Ministeriumsdes Inneren und dr Justiz vom 12.1.1815 zu Nr. Z. 31164 verordnet wie folgt:

Markt-Ordnung
für die Jahrmärkte der Stadt Langen.

§ 1
Jeder, der auf dem Markt feilhält, hat sich den Anordnungen des Bürgermeisters, sowie des Marktmeisters zu fügen.

§ 2
Die Marktstände sind nach dem vorliegenden Plan in dem aufgestellten Nummernpflöcken in gerader Linie aufzuschlagen. Dieselben dürfen die Länge eines gewöhnlichen Dieles (3,20 Meter) nicht überschreiten.

§ 3
Die gleichen Geschäfte als Schuhmacher und Spengler, benutzen zusammen in die bestimmt werbenden Reihen zu stehen.

§ 4
Die auswärtgen Geschäfstleute lassen, und zwar auf dem Pfingstmärkten und Herbstmärkten Morgens zwischen 9 und 10 Uhr, auf dem Weihnachts- und Frühjahrsmarkt morgens zwischen 10 und 11 Uhr, wozu sich dieselben vorher bei dem Marktmeister anzumelden haben. Die Verloosung wird aus dem Rathause im Beisein des Marktmeisters vorgenommen.

§ 5
Den Langener Geschäftsleuten werden für die Plätze von dem Bürgermeister überwiesen.

§ 6
Wer in der bestimmten Zeit nicht da ist, oder nicht angemeldet ist, muß, damit sich die Stände aneinander anschließen, hinten anstehen, ebenso muß Derjenige hintanstehen, der zwei Stände aufschlagen will.

§ 7
Kein Geschäftsmann darf seinen Stand auf einem anderen Platz errichten, als auf dem durch das Loos ihm zugewiesenen. Ein Tausch der Stände zwischen zwei Geschäftsleuten, welche mit ihren Waren den Markt bereits bezogen haben, ist jedoch gestattet.

§ 8
Das Standgeld beträgt für jeden Stand 60 Pf., welche sofort bei der Verloosung an den Marktmeister zu entrichten ist. Die einheimischen Geschäftsleute, denen von dem Bürgermeister, Plätze zugewiesen wurden, sind, von der Anweisung der Plätze ab, zur Zahlung des Standgeldes verpflichtet.

§ 9
Jeder, der den Markt als Verkäufer bezieht, ist den, in dieser Marktordnung enthaltenen Bestimmungen unterworfen und verpflichtet, das Standgeld sofort bei der Verloosung zu entrichten.

§ 10
Zuwiderhandlungen gegen diese Bestimmungen werden nacht Art. 203 des Polizeistrafgesetzes bestraft.

Offenbach, 19. Dezember 1889.

Großherzogliches Kreisamt.

Haas.

Offenbach Post – 12. Oktober 2010
Markt bereichert seit zehn Jahren die Altstadt

Langen – „Es war alles andere als einfach, den Altstadtmarkt aus der Taufe zu heben, aber der Aufwand hat sich gelohnt“, sagt Günter Dietzig und lässt seinen Blick über den Platz schweifen, auf dem vor zehn Jahren das erste Mal Stände und Buden zum Verweilen und Kaufen einluden. Von Cora Werwitzke

Auf Dietzigs Initiative hin entstand und etablierte sich der samstägliche Markt zu Füßen der Stadtkirche, lockte kontinuierlich mehr Marktbeschicker und vor allem – treue Besucher.

„Die Langener sind ein geselliges und loyales Volk. Deshalb herrscht zwischen den Marktverkäufern und den Besuchern ein sehr enges Verhältnis“, betont Winzer Rudolf Thörle, der mit seiner Theke von Anbeginn an auf dem Altstadtmarkt vertreten ist. An diesem Samstag kommt das Team des Winzerhofs aus Rheinhessen mit den Bestellungen kaum hinterher: „Bei Sonne ist die Stimmung hier immer super und die Leute sind in Kauf- und Konsumierlaune“, sagt Thörle strahlend.

Wolf zur Nieden schwärmt: „Ich gehe seit sechs Jahren regelmäßig auf den Markt. Hier trifft man Freunde ohne großartige Verabredungen vorab. Das ist schön unkompliziert. Zudem sind die Warenangebote immer frisch und gut.“

Gegen Mittag wird es zwischen den 17 Marktständen und Imbissbuden richtig voll. Etwas abseits zieht der zweimal im Jahr eingerichtete Streichelzoo des Kleintierzuchtvereins den Nachwuchs magisch an: Kinder und Eltern beugen sich über Kaninchen in allen Größen. Pia Sophie hat ein kleines Exemplar im Arm und streichelt es liebevoll. „Wir haben jetzt bald alle Kaninchen durch“, sagt ihre Mutter und verdreht die Augen. Die vierjährige Tochter streichelt das schwarze Wollknäuel vergnügt weiter – sie hat ihre Attraktion des Tages gefunden. Auch die Pfalzfelder Landbäckerei steuert zum zehnten Markt-Geburtstag eine Aktion bei: Im mobilen Holzbackofen backt Bäckermeister Michael Müller Hunsrücker Natursauerteigbrot wie vor 100 Jahren. „Das ist viel Arbeit, aber die Qualität des Brots stimmt dafür hinterher auch“, erklärt der Bäcker nach einem prüfenden Blick hinter die Ofenklappe.

Daniela Gutzeit: „Ich bin öfter mal mit der ganzen Familie hier. Meine Schwiegereltern kennen auf dem Altstadtmarkt sehr viele Leute. Ich finde vor allem das Essen sehr lecker.“

Frische Produkte aus eigener Herstellung gibt es auch beim Bauernladen Benz und der Metzgerei Sallwey, die neben dem Weingut Thörle zur Gründungsriege der Marktbeschicker gehören. „Die Markt-Idee von Günter Dietzig gefiel uns damals, wir wollten es probieren“, erinnert sich Horst Hirche von der Metzgerei Sallwey. Die ersten beiden Jahre seien nicht einfach gewesen: „Der Markt brauchte etwas Anlaufzeit. Inzwischen läuft es gut, viele Besucher lassen samstags die Küche kalt und essen hier“, erzählt Hirche, für den der Altstadtmarkt mehr ein Begegnungs- denn ein Verbrauchermarkt ist.

Hermann Seibert: „Jeder kennt sich hier und man ist in Gesellschaft. Jeden Samstag finden wir uns bei einem Gläschen Wein in einer großen Gruppe zusammen – und zwar schon seit zehn Jahren.“

Ehe vor einem Jahrzehnt überhaupt eine Bude auf dem Platz vor der Stadtkirche errichtet werden konnte, rang Günter Dietzig als Gründer der Initiative Fahrgasse, die sich die Aufwertung der Altstadt auf die Fahnen geschrieben hat, zwei Jahre lang mit der Stadt um die Erlaubnis, einen zweiten Markt in Langen zu etablieren. „Der Altstadtmarkt musste sich vom Wochenmarkt klar unterscheiden: Wir haben das gelöst, indem wir dem Altstadtmarkt ein Konzept zugrunde legten, das viele Aktionen integriert, um ihn von einem reinen Verbrauchermarkt zu unterscheiden“, erklärt Dietzig, der sich zur Leitung des Markts den Landesverband für Markthandel und Schausteller Hessen ins Boot holte. Marktleiter Dieter Eckart ist allwöchentlich an der Organisation vor Ort beteiligt und Ansprechpartner für die Beschicker. „Der Langener Altstadtmarkt ist ein sehr schöner Markt: Durch die geschlossene Aufstellung der Stände und ohne Durchgangsverkehr kommt eine gewisse Gemütlichkeit auf: Die Leute flanieren, unterhalten sich und scheinen sich prima zu erholen.“